01|2020
Siemensstadt 2.0
Verfahren: Nichtoffener, interdisziplinärer, städtebaulicher Realisierungswettbewerb
Kooperation: Ortner & Ortner Baukunst
Preis: 1. Preis
Jahr: 01/2020
Größe: 700.000 m2
Auslober: Siemensstadt Grundstücks-GmbH & Co. KG in Abstimmung mit Land Berlin
Seit über einem Jahrhundert trägt der Standort zwischen Charlottenburg-Nord und Spandau die Bezeichnung „Siemensstadt“. Die Transformation des mittlerweile, in die Jahre gekommen, z.T. denkmalgeschützten Industriestandortes in ein zeitgemäßes, lebendiges und effizientes „Industriequartier“ stellt die Frage, wie künftig gearbeitet bzw. gelebt werden soll.
Die tragende städtebauliche Idee besteht darin, eine intelligente Gruppierung von Neubauten in ablesbaren Feldern zu etablieren, deren Maßstab sich an der Ausdehnung von Industriebauten misst. Diese gruppierten Großstrukturen stehen miteinander in Relation und schaffen die Weiterführung der Stärke und Robustheit des Industriestandortes.
Jede dieser Großstruktur besitzt innen einen spezifisch-individuellen Freiraum und außen eine Abfolge von heterogen-multicodierten Freiflächen.
Die Freiräume des Siemens Campus 2.0 unterteilen sich in drei Kategorien:
Die Mitte: ein durchgehend linearer Außenraum, bestehend aus einer Abfolge von mineralischen und begrünten Flächen. Der zentrale Freiraum verläuft von Ost nach West und bestehet aus einer gereihten Abfolge von funktionalen, heterogenen und resilienten Landschaftsräume. Die wilde Allee der 1.000 Bäume bildet einen wertvollen Beitrag zur Biodiversität, eine Art Baumbibliothek, die geeignete Vegetationsarten aus den unterschiedlichen Siemens-Standorten weltweit wiedergibt.
Die Felder: die Freiflächen innerhalb einzelner Gebäudegruppierungen oder Bestandsbauten bestehen aus klaren und differenzierten Landschaftsfragmenten. Alle Campusfelder sind durch unterschiedliche, Identität stiftende Vegetation geprägt. Pioniergehölze, robust und ortstypisch, werden in den halböffentlichen Zwischenräumen der einzelnen Felder verwendet. Die klassischen Sand-Boden-Gehölze des brandenburgischen Landschaftraum (Waldkiefer, Robinien, Birken, …) finden hier ein neues Zuhause.
Die Fugen sind die Nahtstellen zwischen Campus und Quartier. Sie dienen als Öko-Korridore für Wind und Wasser (lineare, gestaltete Mulden dienen für die Regenwasserbewirtschaftung von Gebäuden und Straßen). Die Fugen sind wie alle restlichen Bereiche des Campus niveaugleich mit Pflaster ausgebaut. Lineare, begrünte Beläge sind entlang der Mulden vorgesehen, sie dienen als „Freiluft-Wohnzimmer“ für die Einwohner und werden unterschiedlich bespielt (mit langen Tische, mit Hocker, Stadtsofas, ….). Alle Flächen sind Share-Spaces, eine Art Spielstraßen-Campus, die einen rücksichtsvollen Umgang mit den unterschiedlichen Nutzeranforderungen gewährt.
Die 5. Fassade: Alle Dächer sind als erweiterte Gemeinschaftsräume geplant, Mitarbeiter und Einwohner nutzen sie für Urban-Gardening, als Denkräume, Yoga-Terrassen oder Sonnendecks. Die Terrassen sind, entgegen der öffentlichen Nutzung aller Erdgeschoße, tendenziell private Rückzugsorte und Oasen.